Das Video vom Contest:
Predigt: Jetzt ist die Zeit (Mk 1,15)
Vera von der Osten Sacken
Ich hab da so `nen Engel, der taucht immer wieder auf
Mal als Mensch und mal als Tier, der hat wirklich alles drauf.
In jeder Gestalt und in jeder Form:
Das ist gar nicht ätherisch, der Typ nervt mich enorm.
Dieser Drängel-Engel zeigt sich dann, wenn irgendetwas brennt,
und er schiebt mich kräftig an, wenn ich was verpennt
habe, stellt er sich hin und grinst so komisch breit,
und sagt nur einen Satz, nämlich: „Jetzt ist die Zeit.“
Was für’n dummer Spruch, der klingt echt wie meine Oma,
Ich mein „Kopf hoch“ kannste bringen, oder „Los jetzt“ kann man schon mal
sagen, meinetwegen „Action“, das ist auch was, das noch geht.
Aber glaubt der, dass so’n Spruch, nur weil er in der Bibel steht
Mich jetzt mega motiviert
Meinen Mut multipliziert
mich zur Superheldin macht,
und ich dann losleg, dass es kracht?
Aber der stellt sich nur hin und dann grinst er komisch breit,
schert sich gar nicht um mein Motzen und sagt: „Jetzt ist die Zeit.“
Ich hab endlich einmal frei und es war `ne lange Nacht
Und ich lag so schön im Bett – morgens Viertel vor halb Acht
Und dann kommt da dieser Engel in Gestalt meiner Katzen
Die wollten ihr Frühstück und mit ihren Tatzen,
tippten sie mich zärtlich an, mit viel Schnurrn und ohne Kratzen
aber mir wars viel zu kuschlig in den Kissen und Matratzen.
Also drehte ich mich um und schob die Katzen aus dem Bett.
Und die beiden sprangen hoch bis auf den Schrank am Fensterbrett.
Von dort stürzten sie dann runter, wie ein Hagelschag, zu zweit
Und zwar voll in meinen Magen, denn: „Jetzt ist die Zeit.“
Sonntag Ökumeneendspiel und ich hatte nur die Predigt
Und ich dachte: „Samstag-Abend hab ich die ganz schnell erledigt.“
Morgens früh um Drei war dann auch endlich alles formuliert,
und in „so-kann-selbst-ich-das-noch-Lesen-Großdruck“ formatiert.
Ich sitz in der ersten Reihe und die Orgel dröhnt Toccata,
und ich suche meine Kladde, die ist nicht da, wo sie grad war.
Ich krieg hektische Flecken und bin überhaupt nicht startklar.
Da ist nichts, nur dieser Engel, und er grinst so komisch breit,
schiebt mich ohne Text zur Kanzel und sagt: „Jetzt ist die Zeit.“
Armut, Krieg und Klimawandel, all das fasst mich richtig an
Und ich tue dagegen, was immer ich nur kann:
bin bei Demos und Projekten, unterzeichne Petitionen
flehe meine Nachbarn an, unsre Umwelt doch zu schonen
flirte auch mal mit Sponsoren, doch der Aufwand muss sich lohnen,
und ich treib das Windrad an nach dem Genuss von grünen Bohnen,
ja, ich mache wirklich alles und bin jederzeit bereit
und dann kommt da dieser Engel, und er grinst mal wieder breit.
Er belehrt mich über Burnout und er gibt mir den Bescheid,
über drei Wochen Urlaub, und zwar: „Jetzt ist die Zeit.“
Endlich Urlaub, Zeit für Schönes und ich gondelte nur so
Irgendwo durch die Provinz mit nem gelieh`nen Cabrio
Hielt an einer Ampel, dann
ist da plötzlich dieser Mann,
und ich glotze ihn nur an,
weil kein Mensch so schön sein kann:
Dunkle Haut, die Augen Licht
Wie ein Engel das Gesicht,
und er rennt, und atmet schwer,
und drei Nazis hinterher.
Er springt zu mir in den Wagen,
ich bin baff und kann nix sagen.
Doch der Engel trat aufs Gas, und ja: Er grinste dabei breit,
„Mädel, mach dich schnell vom Acker, und zwar: Jetzt ist die Zeit.“
Der schöne Fremde war verheiratet, doch später traf ich ihn,
Den andern Mann, den Mann fürs Leben, also ging ich zu ihm hin.
Wir vergaßen unsre Party, da warn nur noch er und ich,
und der Wind, der wie ein sanftes Wehen um uns beide strich.
Und dann legte er ganz zärtlich seine Arme um mich
Alles in mir schrie: Du bist es, ja nur Du: Ich liebe dich!
Plötzlich war`n wir ganz allein, nicht mal ein Grinsen weit und breit:
Selbst der Engel war verschwunden, wir warn wirklich nur zu zweit,
und es machte alles Sinn in uns`rer kleinen Ewigkeit.
Also küss den Kerl und laber nicht, denn: „Jetzt ist die Zeit!“
Ich bin Pfaff und das ne Predigt, also gibt’s ne letzte Strophe:
Und die lautet: Tanzt es weg, das Harte, Krustige und Doofe!
Und, dass unser großer Gott, der Vater, Mutter, Kind und Geist,
Uns nicht nur den Weg für morgen, sondern auch für heute weist.
Wir sind jetzt und hier,
unser Segen, das sind wir,
du und ich und Mensch und Tier.
Nehmt die Andern in den Arm,
mischt euch ein und seid nicht lahm,
denn all die vielen kleinen Tropfen sind ein Ozean.
Seid die Guten und die Fröhlichen, die Lieben und die Starken
Macht Güte und Gerechtigkeit zu richtig starken Marken!
Werft die Trübsal in den Wind,
Habt trotz alldem ein Kind,
Schenkt der Bettlerin die Rose,
Scheißt in eure beste Hose,
Brecht sie Spielregeln der Sieger,
Werdet Gutmensch-Überflieger,
Macht mal langsam, aber gut,
Was jeder Andre hektisch tut.
Gebt den teuren Schnickschnack und die ganzen schönen Perlen weg
Und feiert unsre Erde, sie ist Leben, nicht nur Dreck!
Pflanzt den Apfelbaum im Parkhaus
Gebt das Geld für lauter Quark aus,
der nur andern hilft, nicht euch,
denn das macht euch richtig reich.
Küsst die Frösche, nicht die Prinzen,
fangt im Alltag an zu grinsen.
Bohrt die dicksten Bretter an,
weil Liebe wirklich alles kann.
Und wenn euch alles stinkt, dann grinst erst recht und richtig breit
Das ist euer Leben, Leute, – und: — „Jetzt ist die Zeit.“
Sermon: Vera: Now is the time (Marc 1,15)
English translation by Rachel Hymer
There’s an angel who appears to me, in forms both large and small,
Mostimes a man or animal, but he can do it all
In every form and every shape he could become material
Annoyance in the highest, all things except ethereal.
Exasperation angel, drawn to procrastination,
he points out what is burning, where I’ve shown hesitation.
Predictably and tiresome he only has one line,
he only says “this is the place” and “now, it is time”.
And what a stupid phrase it is, he sounds just like a grandma!
Why not “you got this” or “just do it” or “action” like on camera.
Does he think that being biblical
will make his BS seem less whimsical?
Or multiply my motivation,
give me super domination?
Chase away all my stalling
and crack the whip through my stonewalling?
Yet there he stands and weirdly grins, ignores my every whine,
as if my frown were upside down and says “now is the time”.
At last at home I lay in bed, relaxing felt like heaven.
That morning after that long night, not even half past 7
And there the angel once again, this time inside my cats.
It’s breakfast time, their meowing said,
as softly they did sniff and tap,
they didn’t whine or scream or claw,
but in my soft bed I cared not at all.
And so I turned and shook them off,
ignored my cats and chose my sloth
The two of them jumped up like rockets and from the high shelf were I blocked it,
like a hailstorm thundered down, upon my stomach, and my crown,
and took the day, no longer mine, and so proclaimed “now is the time”.
A Sunday’s service interfaith, the finale was my sermon.
I waited ‘till the night before to start to get my words in
A font with size made extra legible
at three AM at last acceptable
That morning sitting in row one,
Toccata in the organ’s drone,
I seek my printed homily, but it is not where it should be.
I start to stammer, and to blush, not ready, feeling in a rush
It’s just not there, but Angel is, he grins into my sight-line.
And pulls me sans text to the pulpit and says “now is the time”.
Poverty, war and climate,
are all I think through noise and quiet
And I, just doing what I can,
Am over run from crimes of man,
to demonstrate or join a sit-in,
sign petitions, ask hard questions,
beg my neighbors, to save our planet,
flirt with sponsors, force new habits?
And so the windmill round did weave
a dizzying quixotic green,
A yes woman to all was I
and slaved for all with chin up high,
And there again the Angel, this time a nuanced rhyme,
he speaks of burnout, of 3 week vaycay and that NOW is the time.
A trip away was finally mine, a journey quite Provincial,
as carefree I did roam, in a friend’s top down convertible.
At a stoplight I ogled a stranger,
tall, light eyed, handsome, and the face of an Angel,
was darting along for in hot pursuit,
Three nazis gave chase, his gasping accute
To my car he alights
I’m a deer in headlights,
The angle turned my foot to lead, with timing so sublime,
He said: “Girl! Go now! hit the bricks, for now is the time”
Well, he was married, the handsome stranger,
but there was another, a real game changer,
The love of my life, at a party, we two,
the wind wove around us, outside world subdued,
He held me so gently and that’s when I knew,
my inner voice shouting “ it’s you, yes! I love you!”
And at once there we were – alone, just us two,
Not even an Angel, the others withdrew
In that one timeless moment all things came aligned
and everything made so much reason and rhyme
I thought “kiss the prince! For now is the time!”
I am a priest and this is my sermon
So a message must also be predetermined,
and it is to dance away the crusty,
Do away with the hard, forget the stupidity!
AND that our great God, father, mother, child and spirit,
Knows not just what tomorrow brings but makes the way today coherent.
We are in the now and here
We are the blessing. It’s quite clear,
You and me and every creature far and near
Take each other by the arm
Join the fray, don’t be hum-drum!
For with all of our many drops,
We’ll be an Ocean! Can’t be stopped!
Let us be the happy, the joyous, and strong
The justice and goodness too we will bring along
Throw your affliction to the wind
Despite it all, just have a kid
Give a beggar a rosy plant
Crap inside your favorite pants
Break the rules set by the winners
Become humanities true high-flyers
Take your time- be good and slow
When others only hectic sow.
Give away your shiny bobbles,
Throw the pearls to would be robbers
Together we can save the earth
For she is life, much more than dirt
Plant a tree inside a garage
Pay less mind to moneyage
For who helps others not themselves
Will be with whom true riches dwell
Kiss the frogs, and skip the princes
Grin on the daily, swing for the fences
Go and move mountains, go that extra mile,
And with true love’s power, withstand any trial
And if it all stinks, then grin wild and grin wide
For it’s your life my homies and Now Is The Time.
AMEN.